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FRAX 2006 | 5. Etappe

Gasthaus Schönblick - Rif. Campo
Mittwoch, 26. Juli 2006 / ca. 25km / +1600hm / -1400hm

Warnung:
Die hier gefahrene Etappe ist nicht zur Nachahmung empfohlen. Die Querung des Langenferner Gletschers ist ohne Steigeisen und Seilsicherung lebensgefährlich und mit dem Bike definitiv nicht zu empfehlen!
Wir selbst würden diesen Übergang unter den beschriebenen Umständen und ohne entsprechende Ausrüstung nicht nochmals machen.
Es hatte Nachts wie aus Kübeln gegossen. Doch wie die Tage zuvor erwachte der Morgen mit einem strahlend blauen Himmel. Etwas mulmig über unser Vorhaben, den Übergang über den Langenferner Gletscher zu wagen sind wir gut gestärkt in Richtung Zufall Hütte aufgebrochen. Der Weg ist steil, aber wunderschön. Die Hütte thront majestätisch über uns auf einem Felsen. Ab der Hütte beginnt auch der Gletscherlehrpfad zum Langenferner Joch. Nach einer ersten kurzen Rampe wird der Weg flacher, und steigt sanft und gleichmässig unserem Ziel entgegen. Die Kulisse mit den Wiesen, Felsen, Bächen, herabstürzenden Wassermassen und gigantischen Gletschern sucht seinesgleichen. Auch wenn wir unser Vorhaben, die Casati Hütte zu erreichen abbrechen müssen, hätte sich diese Stichtour durchs Butzental gelohnt. Doch noch wollen wir nicht an eine Aufgabe denken. Bevor wir in den letzte steilen Anstieg, der von weitem unüberwindbar steil erscheint, kommen sind wir noch einer falschen Spur gefolgt. Dadurch haben wir ca. 100 Höhenmeter verschenkt. Auch egal, denn die wilde Abfahrt durch ein kaum festes Schuttfeld mit dem ständigen Blick auf den grossartigen Langenferner war jedenfalls eine Wucht.


Ab jetzt bei ca. 3000 Höhenmetern angelangt wurde es Ernst. Zunächst mussten wir unsere Räder wieder schultern. Der Pfad führt zwar rasch zum Einstieg unserer Gletscherwanderung empor, aber ist nicht so steil, wie wir zuerst vermuteten. Hier oben trafen wir sogar noch auf ein paar Schneehühner. Wir hatten nun einen guten Ausblick auf den Gletscher, und verfolgten genau die Spuren, welche die Seilschaften hinterlassen hatten. Die erste Hälfte des Übergangs dürfte dabei die Schwierigere sein. Auf dem letzten Schlussanstieg führt dann eine gut erkennbare Schneespur bis fast zur Casati Hütte hoch, welche von allen Seilschaften genommen wird. Zuerst galt es noch ein Schuttfeld zu überwinden, in dem lauter Reste von früheren Kriegsstellungen verstreut lagen.

Am Gletscher trafen wir auf einen Bergsteiger und fragten nach ein paar Tips für die Gletscherbegehung. So richtig Gesprächig war er jedenfalls nicht. Das Eis war stellenweise doch sehr glatt, und wir entschlossen möglichst viel am Rand auf festem Fels voranzukommen. So hangelten wir uns mühsam am Rand des Gletschers entlang. Unsere Schuhe hatten dabei einen erstaunlich guten Grip.

 

Auch waren die Spalten von hier oben gut sichtbar. Es gab nur eine kurze Querung im steilen Hang von ca. 5-10 Metern welche wirklich kritisch war. Doch mit viel Vorsicht und Geduld haben wir auch diese Schlüsselstelle gut gemeistert. Wir rammten dabei unsere Räder mit dem Lenker und den Pedalen in das Eis, und hatten somit eine gute Abrutschsicherung. So erreichten wir das grosse Schneefeld. Wir schulterten wieder die Räder und folgten der Spur. Ein Bergführer mit Seilschaft schüttelte den Kopf als er uns sah, und sagte mit einem Lächeln im Gesicht: "Die Verrückten kommen." So ganz Unrecht hat er ja nicht. Zum Ende des Scheefeldes war noch mal Vorsicht wegen ein paar Gletscherspalten geboten. Ab hier war es dann so gut wie fast geschafft. Die letzten Meter zur Hütte glichen einem Spaziergang. Wir erwarteten von den Bergsteigern eigentlich schelte, doch auch hier wurden wir mit verwunderten Blicken begrüsst.


Glücklich über unser erfolgreiches und gesundes Ankommen haben wir mit Limo und Cola auf unseren höchsten Übergang (3269m) angestossen. Doch irgendwie war uns nicht ganz wohl mit unseren Rädern bei den ganzen Seilschaften. Schnell haben wir uns für die Abfahrt zum Rifugio Pizzini vorbereitet.

Es tat sich nach den ersten 3-4 Kehren gleich ein steiler Hang auf, der Bezwungen werden wollte. Ich dachte noch zuerst, wie soll man da nur fahrend runter kommen? Doch es sollte meine Abfahrt werden. 400 Höhenmeter auf S4 Level, bis auf eine steile S5er Passage konnte ich die Abfahrt im Sattel bezwingen. Eigentlich wollte ich immer wieder auf Carsten und Dave warten, doch die ganzen Menschenmassen, die uns entgegenkamen und sich gegenseitig die steilen Felsabsätze hochzogen wollten sehen, wie man hier nur radeln kann. So habe ich fast die ganze Abfahrt in einem Fluss durchgegezogen.

Pünkltlich beim Eintreffen im Rifugio Pizzini begann es zu regnen. Welch Glück wir doch mit dem Wetter gehabt hatten. In der trockenen und warmen Gaststube stärkten wir uns mit Pizzaschnitten. Der Wirt fragte noch nebenbei hinterm Tresen, woher wir kommen würden. Als wir sagten vom Martelltal über das Langenferner Joch fielen Ihm fast die Gläser beim spülen aus der Hand. Der Regen hat auch wieder aufgehört, und wir machten uns gleich auf den Weg zum Passo del Zebru.


Haben wir doch glatt den falschen Einstieg zum Pass genommen, und mussten dann den gut Wasserführenden Bach queren, bei dem ich mir noch nasse Füsse holte. Nach einer ¾ Stunde sind wir oben angekommen. Dave nutzte unsere ausgiebige Pause und schoss Fotos, bis die Kamera rauchte. Die folgende Abfahrt durch das Valle dello Zebru wird von Hans Rey als die schönste der Alpen beschrieben. Der durch den Regen schmierige Pfad windet sich über ein paar Kehren und Steilstufen am Hang hinab. Dann trifft man auf einen Bergrutsch, bei dem man an einem Stahlseil entlang hinabklettern muss. Mit normalen Bike- oder Raceschuhen ist das nicht zu empfehlen. Der Weg windet sich weiter am Hang entlang.


Plötzlich halten wir inne. Stehen doch 4 Steinböcke grad mal 30 Meter vor uns auf dem Weg. So nah in freier Wildbahn hatte ich noch keine gesehen. Carsten holt seine Kamera heraus und macht Bilder. Dave und ich fahren langsam weiter, bis sie mit gekonnten Sprüngen uns entfliehen. Wir warten noch auf Carsten, bis er seine Kamera eingepackt hat, und erkennen über uns einen Adler der mit mächtiger Spannweite einen grossen Bogen fliegt, bevor er hinter einer Felswand verschwindet.

Es gilt abermals einen wilden Bach zu queren, dieses mal habe ich es mit trockenen Füssen geschafft. Noch ein letzter kurzer Gegenanstieg, dann führt der schmale Trail ausgesetzt am Hang bis zur Bta. Di Pastore weiter. Ab hier folgen wir einem Wirtschaftsweg bis zum einladenden Rifugio Campo. Kurz nachgefragt, und unsere Unterkunft war gesichert. Das Rifugio ist empfehlenswert mit einem urigen Matratzenlager unter dem Dach, gemütliche Sitzplätzen draussen wie drinnen, warmes Wasser zum Duschen ohne Zeitbegrenzung und das Beste, eine ausgezeichnete Küche. Bei reichlich Weisswein liessen wir den unvergesslichen Tag Revue passieren.
 
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